|  |  Wie 
                gut Eltern auf ihre Kinder bei einem Reitturnier aufpassen müssen, 
                das hat jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe konkretisiert. 
                
 Der Fall: Ein Kind besuchte mit seinen Eltern ein Reitturnier. 
                Während die Eltern sich unterhielten, strolchte das rund dreijährige 
                Kind auf dem Gelände umher. Als es ein Pferd in einer wegen der 
                Hitze geöffneten Transportbox entdeckte, kletterte es zu ihm hinein 
                und wurde von dem Tier an den Kopf getreten.
 
 Die Beteiligten - die Pferdehalterin, deren Haftpflichtversicherung, 
                der Turnierveranstalter/Grundstückseigentümer und die Eltern - 
                stritten sich nun, wer wieviel Schadensersatz zu leisten hat.
 
 Das Landgericht Freiburg entschied, die Eltern hätten 2/3 der 
                Kosten zu tragen, das Oberlandesgericht Karlsruhe änderte diese 
                Quote auf 1/3. Alle Parteien legten Revision zum Bundesgerichtshof 
                ein. Dieser reduzierte die Haftung weiter: Auf Null.
 
 Lassen Eltern ihr knapp dreijähriges Kind bei einem Reitturnier 
                aus den Augen, haften sie zu 100% für dessen Verletzung durch 
                einen Pferdetritt. Weder der Veranstalter noch die Pferdehalterin 
                müssen damit rechnen, dass ein Kleinkind unbeaufsichtigt 
                in einen Pferdetransporter klettert, hat der Bundesgerichtshof 
                mit Urteilen vom 19.01.2021, VI ZR 210/18 und VI ZR 194/18, entschieden. 
                Deren Verkehrssicherungspflicht reduziert sich durch die 
                Pflicht der Eltern, ihren Nachwuchs auf einer großen Veranstaltung 
                eng bei sich zu führen.
 
 Bei einer Aufsichtspflichtverletzung der Eltern kann sich ein 
                Anspruch des Kindes gegen diese aus § 1664 BGB ergeben. Daneben 
                kann eine Körperverletzung auch durch Verletzung der Obhutspflicht 
                begangen werden. Der Einwand der Eltern, im Hinblick auf den Sorgfaltsmaßstab 
                in eigenen Angelegenheiten müssten sie nur für grobe Fahrlässigkeit 
                einstehen, lief ins Leere:
 
 Angesichts der Gefährlichkeit der Umgebung für ein dreijähriges 
                Kind hätten sie die Beaufsichtigung sehr eng gestalten müssen. 
                Der Umfang der gebotenen Aufsicht über Minderjährige bestimme 
                sich nach deren Alter, Eigenart und Charakter, wobei sich die 
                Maßnahmen danach richteten, was verständige Eltern in der konkreten 
                Situation tun müssten, um Verletzungen zu verhindern.
 
 Die Karlsruher Richter entschieden daher, dass die Eltern sämtliche 
                Kosten zu tragen haben: Sowohl die Pferdehalterin als auch die 
                Veranstalterin hätten ihren Verkehrssicherungspflichten genügt. 
                Vorkehrungen, die verhindern, dass ein rund dreijähriges Kind 
                in den Pferdeanhänger steigt, seien nicht zu treffen gewesen. 
                Sie hätten darauf vertrauen können, dass die Beaufsichtigung von 
                Kleinkindern von deren Eltern wahrgenommen werde. Sie hätten nicht 
                damit rechnen müssen, dass ein Kind in die Pferdebox steige. Diese 
                Gefahr werde durch die gebotene Beaufsichtigung von Dritten sozusagen 
                neutralisiert und die Verkehrssicherungspflichten würden entsprechend 
                reduziert.
 
 
 
   
 
 
 
 
 
 
 
 
 Autor: RA Frank Richter, www.richterrecht.com
 
 
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