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                (aho) -Das Glück dieser Erde liegt auch für manches 
                Kind auf dem Rücken der Pferde –besonders häufig 
                bei Mädchen. Bei allem Schwärmen für die schönen 
                Tiere mit den riesigen Augen sollte man aber eines nicht vergessen: 
                Der Umgang mit einem Pferd kann gefährlich werden und sogar 
                im Rollstuhl enden. Die Risiken des Reitsports werden häufig 
                unterschätzt, warnt die Stiftung Kindergesundheit in einer 
                aktuellen Stellungnahme.
 
  
 Nach Statistiken der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und 
                Arbeitsmedizin (BAuA) passieren hierzulande jedes Jahr zwischen 
                30 000 und 93 000 Unfälle mit Pferden. Reiten gehört 
                zu den drei unfallträchtigsten Sportarten bei Kindern und 
                Jugendlichen in Deutschland. Über 50 Prozent aller Patienten, 
                die wegen eines Reitunfalls im Krankenhaus behandelt werden müssen, 
                sind unter 18 Jahre alt. Junge Reiterinnen sind besonders gefährdet: 
                Mädchen unter 14 Jahren machen zwar nur etwa 18 Prozent der 
                organisierten Reiterinnen in Deutschland aus, sie sind jedoch 
                bei 40 Prozent aller Reitunfälle betroffen.
 
 
 Beinahe so gefährlich wie Autounfälle
 
 Dabei ist die Schwere der aus Reitunfällen resultierenden 
                Verletzungen im Vergleich zu anderen Sportarten besonders hoch. 
                Im Durchschnitt weisen lediglich Kinder und Jugendliche, die von 
                einem Auto angefahren wurden, schwerere Verletzungen auf als diejenigen, 
                die beim Reiten verunglücken.
 Als Beispiel zitiert die Stiftung Kindergesundheit eine dpa-Meldung 
                vom 17. Januar 2016: „Bei einem Reitunfall im mittelfränkischen 
                Ansbach ist ein acht Jahre altes Mädchen ums Leben gekommen. 
                Nach Angaben der Polizei vom Sonntag hatte sich das Tier beim 
                Voltigieren in einer Sportanlage aus zunächst unbekannten 
                Gründen erschrocken und das Mädchen abgeworfen. Dann 
                stürzte das Pferd auf das Kind. Die Achtjährige wurde 
                nach dem Unfall am Freitag mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus 
                gebracht, wo sie aber wenig später starb“.
 
 Nach einem ähnlich verlaufenen tödlichen Reitunfall 
                eines 11-jährigen Mädchens 2006 begannen Kinderchirurgen 
                des Klinikums Bremen-Mitte, alle Unfälle der in ihrer Klinik 
                vorgestellten kleinen Patienten zu erfassen, die mit dem Reiten 
                zusammenhingen. Innerhalb von drei Jahren mussten allein in diesem 
                Krankenhaus 179 Kinder und Jugendliche zwischen 3 und 16 Jahren 
                (Mittelwert 10,2 Jahre) wegen einer beim Umgang mit Pferden erlittenen 
                Verletzung behandelt werden. 95,5 Prozent von ihnen waren Mädchen. 
                Hundert Kinder mussten stationär behandelt werden.
 Die Hälfte der 
                Kinder (52,6%) erlitt Verletzungen an Armen und Händen, jedes 
                Fünfte (18,4%) zog sich Verletzungen am Kopf zu. In jedem 
                zehnten Fall (10,6%) wurden Wirbelsäule oder Rücken 
                in Mitleidenschaft gezogen. Und dies, obwohl die meisten jungen 
                Reiterinnen eine adäquate Schutzkleidung – in 87,7 
                Prozent der Fälle einen Helm – getragen haben. Wie 
                die Bremer Kinderchirurgen auf einem Pädiaterkongress in 
                München berichteten, mussten sie nicht nur Knochenbrüche, 
                sondern auch Fälle von Milz- oder Nierenrisse behandeln. Gefährliche 
                Tritte und Bisse
 Die Gefährlichkeit des Umgangs mit Pferden ergibt sich unter 
                anderem aus der mit der Größe und Kraft eines Pferdes 
                entstehenden kinetischen Energie und seiner Unkontrollierbarkeit. 
                Die Stiftung Kindergesundheit rechnet vor: Ein Pferd besitzt eine 
                Masse von ca. 500 kg und ist bis zu zwei Metern hoch. Der Kopf 
                des Reiters befindet sich bis zu drei Meter über dem Boden.
 Ein Pferd kann bis auf 65 km/h beschleunigen und bringt bei einem 
                Tritt eine Kraft von bis zu einer Tonne auf. Es ist ein Flucht-, 
                Herden- und Steppentier und benimmt sich oft entsprechend. Wird 
                es in die Enge getrieben, verteidigt es sich mit Huftritten und 
                Bissen. „Pferde sind keine Sportgeräte, sondern autonom 
                denkende und dabei unberechenbare Lebewesen“, betont Kinder- 
                und Jugendarzt Professor Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der 
                Stiftung Kindergesundheit mit großem Nachdruck.
 
 
   Reiten für 
                Fitness und Seele
 Trotz der Risiken halten die meisten Sportmediziner viel vom Reitsport, 
                oft empfehlen sie ihn sogar als Therapie, auch für Kinder. 
                Die Gründe sind vielfältig: Reiten trainiert den ganzen 
                Stütz- und Bewegungsapparat, vor allem die Lendenwirbelsäule 
                und das Becken und wirkt deshalb vorbeugend und heilend bei Haltungsschäden. 
                Da sich der Reiter den unterschiedlichen Gangarten des Pferdes 
                rhythmisch anpassen muss, begünstigt das Reiten auch den 
                Kreislauf und die Herzfunktion. Die inneren Organe werden intensiv 
                durchblutet, sogar die Verdauung funktioniert besser.
 Aber auch auf die seelische 
                und soziale Entwicklung von Kindern hat das Reiten offenbar eine 
                ausgleichende und fördernde Wirkung:
 O Im Umgang mit dem Pferd und bei seiner Pflege übt das Kind 
                Verantwortung und Fürsorglichkeit.
 O In der verwirrenden Seelenlage der Pubertät dient das Pferd 
                als guter Zuhörer und Objekt zum Liebhaben.
 O Da Reiten Gruppensport ist, lernt das Kind auch, sich in einer 
                Gruppe zurechtzufinden.
 O Schließlich hebt es das kindliche Selbstbewusstsein ganz 
                ungemein, mit einem so großen Tier umgehen und es lenken 
                zu können.
 Lieber Reithelm als Kappe!
 
 Pferde haben ihre Eigenheiten. „Eltern sollten es sich deshalb 
                gut überlegen, ehe sie ihr Kind zu Reitstunden anmelden“, 
                so Professor Berthold Koletzko. „Selbst Zehnjährige 
                sind nicht unbedingt schon in der Lage, mit einem großen 
                Pferd auch in kritischen Situationen angemessen umzugehen. Hinzukommt, 
                dass viele Kinder und Jugendliche als Anfänger ihre Reitfähigkeiten 
                oft überschätzen“.
 Um Verletzungen vorzubeugen, 
                sollten Eltern pferdenärrischer Kinder darauf achten, dass 
                ihr Kind
 O sorgfältig mit den Eigenarten des jeweiligen Pferdes umzugehen 
                lernt;
 O nie allein ausreitet, wenn es nicht schon sehr sicher im Sattel 
                sitzt; und
 O immer einen Reithelm trägt und zwar auch bei Arbeiten im 
                Stall!
 
 Die Bundesarbeitsgemeinschaft „Mehr Sicherheit für 
                Kinder“ warnt davor, aus falschem Traditionsbewusstsein 
                noch einfache Reitkappen zu tragen, die nicht vor Verletzungen 
                schützen. Wichtig zu wissen: Die seit 1996 gültige Norm 
                für Reithelme EN1384 wurde zum Ende 2014 außer Kraft 
                gesetzt. Derzeit gültig ist die Übergangsnorm "VG1 
                01.040 2014-12" (kurz auch "VG1" genannt). Nach 
                dieser Norm werden Helme so lange produziert, bis eine neue europäische 
                Sicherheitsnorm (vermutlich noch in diesem Jahr) in Kraft getreten 
                ist. Die neue Norm soll voraussichtlich EN 1384:2016 heißen.
  Fahrradhelme sind 
                keine echte Alternative. Sie werden nicht auf seitliche Quetschungen 
                geprüft, die einen Hufaufschlag simulieren sollen. Für 
                diesen Ernstfall kann kein Fahrradhelm Sicherheit bieten. Wichtig sind auch passende 
                Sattel, eine bequeme Reithose und feste Stiefeln ohne Profilsohle. 
                Für Kinder empfiehlt sich auch das Tragen einer versteiften 
                Reitschutzweste. Ungeübte Reitende 
                haben ein höheres Verletzungsrisiko. Die Stiftung Kindergesundheit 
                empfiehlt deshalb sowohl erwachsenen Reitern als auch pferdebegeisterten 
                Kindern eine kontinuierliche Teilnahme an Falltrainingsprogrammen, 
                wie sie von der Reiterlichen Vereinigung (FN) deutschlandweit 
                angeboten werden.Eine gute Vorübung für das Reiten und zugleich auch 
                für jüngere Kinder geeignet ist das Voltigieren. Dabei 
                lernt das Kind das Turnen auf einem im Kreis laufenden Pferd, 
                aber auch den richtigen Umgang mit dem Tier und – was besonders 
                wichtig ist – das richtige Fallen, mit dem man Sturzverletzungen 
                vorbeugen kann.
 Ein letzter wichtiger 
                Hinweis der Stiftung Kindergesundheit gilt erwachsenen Autofahrern: 
                Seien Sie vorsichtig, wenn Sie reitende Kinder mit Ihrem Auto 
                überholen! Falls Sie zu nahe an einem Pferd vorbeifahren, 
                könnte das Tier scheuen und das Kind gefährden.  
 
 
 
 Fragen? Die 20 wittelsbuerger.com-Experten helfen 
                gerne weiter,
 z.B. Dr. Ines von Butler-Wemken für den Bereich Vererbung/Genetik.
 Zum 
                wittelsbuerger.com-Expertenforum gelangen Sie hier.
 
 
   
                
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