Reining – "weder anerkannt noch salonfähig" 
               
               Der neue Aktivensprecher Dr. Matthias Gräber lieferte kürzlich 
                in einem Interview eine erfrischend ehrliche Standortbeschreibung. 
                
                Für ihn ist das „‚Pflänzchen‘ Reining“ 
                eine immer noch nicht anerkannte Disziplin, der es nicht nur an 
                der Akzeptanz bei den anderen Reitsport-Disziplinen fehle, sondern 
                das zudem auch noch denkbar schlecht in der Öffentlichkeit 
                präsentiert wird – anders gesagt: 
                Westernreiten ist nach elf Jahren FEI FEI noch immer „nicht 
                salonfähig“.
                
                Und ob das aber noch nicht genug wäre, konstatiert er ein 
                erlahmendes Interesse bei den Reiningreitern selber. 
                Man müsse Reiter und Pferdebesitzer „reaktivieren“, 
                sagt er, denn es sei bislang schon schwierig genug, „optimale 
                Reiter-Pferd-Kombinationen für die Championate zu finden“. 
                So deutlich und klar hat das bislang noch niemand gesagt, schon 
                gar nicht von Funktionärsseite aus.
                
                 
 
              
              
                Ein Versuch der Ursachenfindung.
                
                Unser Sport, und das mag jeder für sich befürworten 
                oder kritisieren, ist ein ausgesprochen züchter-orientierter 
                Sport. Bis auf die EWU gestalten die Zuchtverbände selber 
                oder die Reitverbände mit einem Zuchtprogramm (SSP, SSSP 
                etc.) die Turnierlandschaft, und die preisgeld- und prestigeträchtigsten 
                Titel gibt es auf den Futuritys. Und so begleitet der Western-Turniersport 
                , anders als in der klassischen Dressur beispielsweise, in keinster 
                Weise die Ausbildungsentwicklung der Pferde, sondern führt 
                die „Zuchtprodukte“ schnell und frühzeitig ihrer 
                Verwendung zu. 
                
                Es gibt keine Entwicklung der Pferde von E- zu einer S- oder Grand 
                Prix Kür-Dressur, von E- zu S***-Springen. Im Westernsport 
                hat eine Junior Reining dieselbe Pattern wie eine Senior Reining, 
                die Anforderungen sind für ein dreijähriges Pferd in 
                einer Reining, egal, ob Futurity, Bronze Trophy oder eine EWU-Reining, 
                genauso hoch wie für ein 13-jähriges Pferd. 
              Kein Wunder also, daß Reitsportler aus anderen Disziplinen 
                die von Dr. Gräber genannten Akzeptanzschwierigkeiten haben, 
                denn auf sie muß unser Sport so wirken, als ob wir dreijährige 
                Pferde in einer Dressur Grand Prix Kür reiten oder zehn Hindernisse 
                á 1,60 Höhe (S***) springen lassen würden.
                
                
                 
 
                
                
                Wenn wir Westernreiter also schon für Insider „erklärungsbedürftig“ 
                sind, dann sind wir es für Aussenstehende, also die Öffentlichkeit, 
                erst recht. Cowboyhut, Chaps, lange Sporen, Jeans, das ist nur 
                in den USA Alltagskleidung und weckt auch nach über vierzig 
                Jahren in Deutschland und Europa immer wieder dieselben stereotypen 
                Assoziationen. 
                
                Westernreiten/ Reining und die klassischen FEI-Reitsportdisziplinen 
                scheinen also nur sehr schwer miteinander kompatibel zu sein, 
                denn es sind nicht nur die Äußerlichkeiten, die unüberwindbar 
                zu sein scheinen, sondern strukturelle Unterschiede.
              Als Gebrauchsreiterei, und das angesichts der populären 
                Ranch-Disziplinen bis heute, liegt es eben nicht in der DNA des 
                Westernreitens, besonders kultiviert wie der Dressursport oder 
                so elitär wie das Poloreiten daherzukommen. Auch fehlen uns 
                die enormen Geldmittel, die im Distanzreiten investiert werden, 
                und die olympische Vergangenheit des Voltigierens. 
                
              
              Wie kann es weitergehen mit dem internationalen FEI-Reiningsport?
                
                Reining müsse „rauskommen aus dem internen Futurity- 
                und Bronze-Trophy-Geschehen“, meint Dr. Gräber, aber 
                das hieße in letzter Konsequenz, das bisherige, ureigenste 
                Wesen des Westernreitsports aufzugeben und ihn vollkommen neu 
                zu strukturieren.
                
                Bislang ist jedoch jeder Versuch, das Reiten älterer Reining-Pferde 
                attraktiver zu machen, fehlgeschlagen: Championate für fünfjährige 
                Reiningpferde sind längst passe, und jeder weiß, daß 
                kein Reiningpferd für die European Futurity auch nur einen 
                Monat später als bislang üblich im Training begonnen 
                wird, seitdem dort erst Pferde ab dem Alter von vier Jahren starten 
                dürfen.
                
                Denn Taktgeber für Reining bleibt das Mutterland unseres 
                Westernreitsports, die USA. Nur von dort könnten die wichtigen 
                und notwendigen Impulse kommen, um den Reiningsport auch nur annähernd 
                dorthin zu bringen, wo manche sich ihn wünschen würden.
                
                Wer aber den jahrelangen, unglaublich zähen Prozess der bis 
                jetzt immer noch nicht abgeschlossenen „Medication Policy“ 
                der NRHA USA verfolgt hat (http://reiner.nrha.com/?p=7904), sieht 
                die in USA gesetzten Prioritäten, wenn es beispielsweise 
                darum geht, nur alleine schon im Doping- und Medikationsbereich 
                internationale Standards zu erreichen. 
                
                Angesichts dessen muss man die Frage stellen dürfen, wofür 
                dann der ganze Aufwand für den FEI-Reiningssport getrieben 
                wird? Stewards, Regeln, Technical Delegates, Championate und nicht 
                zuletzt Kommissionen und Beiräte – parallel zu allen 
                anderen Turnieren und Organisationen, die unser Sport bietet. 
                
              
              
              
              Kann eine ehrlichere Zielsetzung die Begeisterung den FEI-Sport 
              wiederbeleben?
              
              „Frag nicht, was du für die FEI tun kannst, frag, was 
              die FEI für dich tun kann“ – diese Abwandlung des 
              Kennedy-Klassikers könnte ein Lösungsansatz sein. Denn 
              wenn auch die 13 Jahre Engagement in der FEI dem Westernreitsport/ 
              Reining weder die erhoffte Öffentlichkeit (Olympia) noch die 
              erhofften Geldströme (Sponsoren) gebracht haben, so haben sie 
              uns doch dazu gezwungen, uns und unseren Sport mehr mit einem Blick 
              von außen zu reflektieren. 
              Denn vieles von dem, was die FEI entweder aufzwingt oder ermöglicht, 
                ist nützlich für eine kontinuierliche Modernisierung 
                unseres Sports: Regelungen zum Abreiten und zum Umgang mit Medikamenten 
                bringen nicht nur Vorteile für die Pferde, sondern eine Weiterentwicklung 
                des Bildes des Westenreitsports nach aussen, und wir sollten sie 
                schon aus purem Egoismus nutzen, denn nur hier liegt die Möglichkeit, 
                ein notwendiges Korrektiv zu dem züchter-orientierten Westernreitsport 
                zu setzen. 
                FEI-Championate und Meisterschaften könnten dazu genutzt 
                werden, eine langfristig angelegte Talentförderung aufzubauen, 
                beispielsweise als (zweite) Karriere für ältere Pferde 
                oder zum Heranführen der Jugendlichen an den großen 
                Sport.
                
                Bedienen wir uns also am Werkzeugkasten, den Tools, den die FEI 
                bietet, um unseren Sport in aller Ruhe und Konzentration kontinuierlich 
                weiterzuentwickeln.
               Als Vorbild dazu könnte niemand Geringeres als die FEI-Präsidentin 
                Haya bint al Hussei aus Jordanien dienen, die von der „Frankfurter 
                Allgemeinen Zeitung“ vor einiger Zeit interviewt wurde:
                „Lassen Sie mich klar sagen, dass ich kein Szenario sehe, 
                in dem Distanzreiten olympisch werden kann. 
                Ich glaube nicht, dass diese Disziplin genug Struktur hat, und 
                denke, dass noch viel Arbeit nötig ist, damit sie ein vollwertiges 
                Mitglied der Sportfamilie wird. Kommerziell ist sie noch kein 
                erfolgreiches Produkt. Wir haben Diskussionen über das Wohl 
                der Pferde, wir haben erhebliche Doping-Probleme. 
                Ein Kriterium des IOC ist außerdem die Historie eines Sports. 
                Dieser Sport ist siebzehn oder neunzehn Jahre alt - da kann er 
                nicht in Konkurrenz mit Springen oder Dressur treten. Auch nicht 
                mit Voltigieren, was mehr Chancen hätte, wenn wir es versuchen 
                würden.“ 
                
                Besser könnte man die Situation des Reiningsports auch nicht 
                beschreiben, denn anders als Reining hat es bereits das Poloreiten 
                geschafft, 2012 ins Rahmenprogramm der Olympischen Spiele zu kommen 
                (siehe hier http://www.polomagazin.com/polo-demonstrationssportart-olympische-spiele-london-2012/9051/). 
                
                
                 Vergessen wir „Olympia“ einfach ein für 
                alle Male, und machen wir was Besseres daraus – für 
                uns und den Westernreitsport!